kfztech.de Logo   >  
Kfz-Technik Abkürzungs-ABC Auto-Infos Kfz-Zubehör-Shop kfztech TV Unterricht und Ausbildung

Soviel Hanf steckt in der Automobilindustrie

von kfztech.de

Werkstoffe im Automobil

Autofabrik Geschichte

Als die Autoproduktion noch so aussah, hatten Henry Ford und Rudolf Diesel eine Idee, die heute in der Automobilindustrie Schule macht. Was sie einst „Hemp Car“ nannten, ahmen heute Hersteller wie Lotus und BWM nach. Sie setzen auf Naturrohstoffe – und ganz speziell auf Hanf. Bild: pixabay.com © Clker-Free-Vector-Images (CC0 Public Domain)

Der Urvater des Gedanken, dass Hanf in der Automobilindustrie Anwendung finden könnte, war kein Geringerer als Henry Ford. Er präsentierte bereits vor Jahrzehnten ein Fahrzeug-Modell, das aus Hanf gebaut wurde und sogar Hanfkraftstoff tankte. Zwölf Jahre habe er an seiner Idee gefeilt und geforscht, wie er Nutzhanf ins Gefährt bringen könne, hieß es im Fachmagazin „Popular Mechanics“ im Jahr 1941. Auch Rudolf Diesel, der einst den Dieselmotor erfand, war mit von der Partie und steuerte sein Know-how bei, damit Fords Hanf-Fahrzeug mit Hanfkraftstoff hätte fahren können. Nur 900 Kilogramm brachte das Ford’sche Fahrzeug auf die Waage. Das Schwerste daran war der Stahlrahmen. Der Rest des Fahrzeugs bestand zu 70 Prozent aus Sisal, Hanf und Weizenstroh, die übrigen 30 Prozent entfielen auf den notwendigen Kleber, der auf Harzbasis bestand.

Was Henry Ford als den Vorteil des Rohmaterials erkannte, hat damals wie heute Bestand: Hanf ist sicher und leicht zugleich. Warum von der ersten Präsentation des „Hemp Cars“ im Jahr 1941 heute kaum jemand mehr etwas weiß, lässt sich mit einfachen Worten erklären: Es waren die Gesetze, die Hanf als Rohstoff mit einer extrem hohen Steuer belegten und damit für die Verwendung in der Automobilindustrie zu teuer werden ließen. So erstickte eine Entwicklung im Keim, die sich heute wieder peu à peu den Weg bahnt. Heute zählt der Rohstoff nicht nur zur günstigen, sondern auch zur nachhaltigen Variante, Fahrzeuginterieur herzustellen.

25 Jahre später wurde der Nutzhanf wieder entdeckt

Es dauerte ein Viertel Jahrhundert bevor Faserhanf wieder auf der Bildfläche erschien. 1996 lag der Faserbedarf auf marginalen neun Prozent; im Jahr 2015 lag dieser Prozentsatz bereits bei 15 Prozent. In Gewicht ausgedrückt, handelte es sich dabei um knapp vier Tonnen Hanf, der in der Autoindustrie vor allem als Verbundstoff zum Tragen kommt, sprich: in Form von Pressteilen. Diese noch sehr geringe Nutzung wird sich vermutlich in den kommenden Jahren steigern; dann werden deutlich mehr als zehn Kilogramm Naturfasern aus Hanf in den Autos verbaut werden.

So viel Naturfaser steckt heute in einem Fahrzeug

Naturfasern in der Automobilproduktion zu verwenden, ist eine richtig gute Idee. Nicht von ungefähr kommt die Tatsache, dass im Schnitt bereits heute einige Kilogramm an Naturfasern in jedem Fahrzeug verbaut sind. Zum Einsatz kommen Bananenfasern, Flachs, Kokos, Olivenkerne, Sisal und natürlich Hanf. Während der Automobilhersteller Lotus mit seiner Eco Elise ein Fahrzeug vorstellte, bei dem Teile der Karosserie sowie der Spoiler aus Nutzhanf gefertigt wurden, steckt hinter vielen einzelnen Bauteilen des Fahrzeugs heute Natur: Zur Tankentlüftung dienen die aufgearbeiteten Kerne der Olive. Zum Dämmen dienen Sisal und Baumwolle. Das Innenleben der Sitzlehnen besteht aus Kokos, Flachs oder Hanf und die Mulden der Ersatzräder könnten aus Bananenfasern fabriziert worden sein.  

Deswegen setzt die Automobilindustrie auf Hanf und andere Naturmaterialien

Warum der Nutzhanf eigentlich wie gemacht ist für die Automobilindustrie, hat einen einfachen Grund: Hanf macht jedem Brandschützer Freude, denn der Stoff ist nur schlecht brennbar. Das ist jedoch nur ein Sicherheitsaspekt von vielen, denn die aus Nutzhanf gefertigten Formpressteile haben beispielsweise auch keine scharfen Kanten und bringen damit ein nur sehr geringes Verletzungsrisiko mit sich. Die Folge: Schnittverletzungen könnten sich durch den Einsatz von Nutzhanf im Auto drastisch reduzieren. Produktionstechnisch betrachtet lässt sich Nutzhanf vergleichsweise günstig verarbeiten; der Rohstoff ist leichter als Holz, was auch die Produktionskosten für die Formpressteile senkt. Zudem ist die Weiterverarbeitung des Naturmaterials umweltschonend.

Wegbereiter der Naturmaterialien – also jene, die in die Fußstapfen von Henry Ford und Rudolf Diesel treten wollen – sind neben dem bereits erwähnten Lotus-Modell auch andere Hersteller. BMW setzte beim Elektroauto i3 auf Kenaf – und zwar im sichtbaren Bereich, wohingegen Hanf im nicht-sichtbaren Bereich verwendet wird. Im i3 ist Kenaf der Naturstoff, der zum Kunststoff-Verbund gekoppelt wird. Der Vorteil, den Kenaf in dieser Kombination ganz deutlich ausspielt, ist das leichte Gewicht, denn der Naturstoff bringt 40 Prozent weniger an Eigengewicht auf die Waage.

Doch auch in punkto Optik kann sich Kenaf sehen lassen. Anspruchsvoll und edel ist das Image im Innenraum des BMWs. Vor der Verwendung von Hanf im optisch sichtbaren Bereich, schrecke BMW aktuell noch zurück, heißt es hier. Als problematisch werden die Temperaturschwankungen angesehen, denen das Material im Innenraum standhalten muss, um den Unternehmensanforderungen und den Kundenwünschen gleichermaßen Rechnung zu tragen.

Ein Neuling auf dem Gebiet der nachwachsenden Produkte ist BMW übrigens nicht. Stattdessen hat der Hersteller bereits vor zehn Jahren damit begonnen, auf natürliche Rohstoffe zu setzen. Nachhaltigkeit wird im Unternehmen groß geschrieben, weshalb nicht nur nachwachsende Rohstoffe von großer Bedeutung sind, sondern auch kurze Transportwege zur Produktion, die eine nachhaltige Produktion ebenso tragen. Heute profitiert der Automobilhersteller von den günstigen Anschaffungskosten.

NAFIlean

Verbundwerkstoffe mit Naturfasern - wie hier NAFiLean™ (Natural Fibres for Lean Injected Design) - werden immer mehr auch im Automobil eingesetzt.  Ein Vorteil ist auch ihr Gewicht. Bild: faurecia

 

 


Autor: Johannes Wiesinger

bearbeitet:









Impressum, Copyright